Rainy Nights and Short Rides
20. und 21. Juli:
Broadford–Kyle of Lochalsh, 17 km sozusagen flach, bitzli Wind
Kyle of Lochalsh–Inverness mit Scottish Rail
Inverness
Nun, ich gebe zu: Allzu häufig habe ich nicht im Zelt geschlafen. Vielleicht fehlte mir die Musse, vielleicht war ich manchmal einfach zu müde von WInd und Wetter, mich noch um ein Plätzli zu kümmern. Vielleicht einfach sonst zu faul oder schlichtweg zu bequem, sprich: verwöhnt. Aber manchmal ist es ja auch ganz nett, sich nach einer anstrengenden Etappe einfach zuerst mal hinlegen zu können und dann zu Fuss im Dorf oder im Städtchen ein Pub zu suchen, um sich geografisch korrekt verpflegen zu können.
Nun denn: Es war die erste Nacht im Zelt, in der es geregnet hat. Und eigentlich hat es durchgeregnet: Jedenfalls trommelten die Tropfen jedes Mal ihr perkussives Lied auf mein rotes Zelt, wenn ich kurz wach wurde.
Und es regnet zufrieden weiter, als ich mein Zelt abbaue: Entsprechend nass und schwer liegt es dann in der Lenkertasche. Da die Etappe kurz ist: egal. Die Strecke nach von Broadford nach Kyle of Lochalsh ist unspektakulär, auf der Hauptstrasse, ohne wirklich nennenswerte Steigungen, heute mit moderatem Wind, und auch der Verkehr hält sich morgens um halb zehn, wenn auf Skye die Welt noch mehrheitlich in Ordnung ist, in Grenzen.
Zwischen zehn und halb elf trudle ich in Kyle of Lochalsh ein. Veloplatz im Zug reservieren: check. Schottisches Zmorge in der Bar: yep. Den einen oder anderen Kaffee, um die Zeit bis 13.46 zu überbrücken im bei diesem Wetter recht tristen Ort: klardoch! Side remark: Booking bicycle spaces closes two hours before departure, darum war ich auch beizeiten unterwegs.
Der Zug ist eher ein hochfrisiertes Tram: zwei Wagen, und, damit es ein bisschen nach was klingt und riecht, mit Dieselmotor betrieben. Für die zwei bis drei Züge pro Tag, die hier in jede verkehren, lohnt sich die Elektrifizierung halt wirklich nicht.
Über weite Strecken kannte ich die Zugstrecke schon: Dem ersten Viertel fuhr ich auf dem Weg nach Strathcarron entlang – auch schon mit Hansj vorletztes Jahr: Duncraig, Plockton, Stromeferry, Strathcarron. Ein bisschen später kam die Strecke, auf der ich dieses Mal Richtung Ullapool mit Rückenwind dahinflog und schon fast dachte, am frühen Nachmittag in Ullapool anzukommen – Achnashellach, Achnasheen, Garve. Und gegen Inverness: Muir of Ord, Beauly – das kenne ich von meinem zweiwöchigen Sprachaufenthalt in Inverness vor dreissig Jahren und von der Tour mit Nik und Michi.
Da der Zug oft nicht ganz parallel zur Strasse fuhr: sehr cool. Neue Eindrücke, ohne die Strasse, direkte Aussichten auf das Meer, die Lochs, die Inseln, einsame Landschaften, die Tolkien wohl im Kopf hatte, als er seine Bücher geschrieben hat.
In Inverness nächtige ich auf dem Campingplatz. Strömender Regen bis irgendwann nach Mitternacht.
Ich treffe mich mit Morag: zum letzten Mal hier in Inverness, bevor sie dann endlich mal in der Schweiz auftaucht, gefälligst! Sie hat sich eine Stunde Zeit verschafft an dem Sonntag, an dem sie eigentlich eben arbeitet als Fremdenführerin. Sie führt eine amerikanische Familie mit zwei Limousinen zum Urquhart Castle (Originalton Mo, transkribiert: total überlaufen), hat dann die Pause mit mir verbracht, bevor sie sich mit der Familie Richtung Culloden Battlefield aufmacht. Für Nichtschotten eine eingezäunte Wiese, die man nur gegen eine hohe Gebühr an den National Trust of Scotland betreten darf. Für die Schotten ein fast schon religiöser Ort, eigentlich der Schrein ihrer Unabhängigkeit – hier liegt sie begraben: Da haben sie 1746 eine entscheidende Schlacht gegen die Engländer verloren.
Ansonsten: ein gemütlicher Sonntag, bin ein bisschen energielos – ob es vom Velofahren kommt oder davon, dass ich mich erst jetzt wieder so richtig ans Schlafen im Zelt gewöhne – ich weiss es nicht.
Aber auch hier in Inverness: Es ist eine Art Heimkommen. Ich weiss, wo der Campingplatz ist – auch dass er nicht in die Ränge kommt für die pittoreske Lage oder die fancy Ausstattung. Aber: nahe beim Zentrum. Zwar Velodistanz, aber nur gut zwei Kilometer. Also: easy peasy. Ich weiss, wo man gute Pizza bekommt (Black Isle Brewery Restaurant), gleich gegenüber ist das Hootannany’s, da bekommt man auch Ales von Black Isle. Gute Sache. Jeans bekommt man am Sonntag im Eastgate Shopping Center, just up the road. Und Kafi, wenn es dann mal wieder nötig ist, im “Nero” oder in der “Milk Bar”, gleich unten bei der Brücke.
Morgen ist der Tag hoffentlich ein bisschen wacher hier in Inverness, bevor es dann am Dienstag runter nach Glasgow geht. Mit dem Velo. Aber im Zug. Und am Nachmittag: arbeiten. Ja, ich habe es nicht vergessen, Chefin. Falls du mitliest.
Ich freue mich auf morgen in Inverness, auf die zwei Tage Glasgow und die vier Tage London. Sich langsam an die Menschenmenge zu akklimatisieren, ist sicher gut.
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