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Tag 57, 26. Oktober

Eine kurze Vorlesung in gut drei Punkten

Santarèm

Wieder mal ein Tag Velopause. Es ist Zeit, mal ein paar Punkte aufzurollen, die wir schon lange mal loswerden wollten. Eben: Velopause. Dafür einige Kilometer zu Fuss. Durch eine Stadt, wie wir sie ähnlich schon gesehen haben.

1. bei schönstem Wetter

2. mit vielen Häusern mit Plättlifassade

und 3. vielen leer stehenden Häusern.

Zu Punkt 1: Wir dürfen uns wirklich glücklich schätzen. Seit anderthalb Wochen ist hier Sommer. Und seit gestern wissen wir, dass das auch hier eine Ausnahmeerscheinung ist zu dieser Jahreszeit. Laut Antonio ist der Oktober eher feucht und oft auch kühl. "I don't know what's wrong with this planet", sagte er uns. Die Prognosen verheissen weiterhin gutes Wetter, wenn vielleicht auch ein bisschen weniger warm. Die Kachelmänner wollen uns zwar schon lange weismachen, dass es drei vier Tage später kühler sein soll. Bisher hat sich es nicht bewahrheitet. Wir sind glücklich darüber und hoffen, dass das weiter hinausgeschoben wird.
 
Zu Punkt 2. Die geplättelten Hausfassaden sind für Dagmar die gefliesten, was natürlich dasselbe bedeutet. Und sie sind hier allgegenwärtig, sogar Neubauten werden oft mit farbigen Plättli verziert, wie wir sie in keinem Badezimmer mehr sehen wollten. Aber an den Fassaden der Häuser sind die Dinger wirklich sehr schön. Dagmar könnte mit Fotos von Fliesenfassaden schon ein ganzes Haus tapezieren. Diese Fassadenverzierung gehört zu einer alten Kultur: Die Azujelos, so werden die Fliesenmalereien genannt, kamen mit den Mauren aus Nordafrika auf die iberische Halbinsel und sind seit dem Mittelalter in Südspanien und in Portugal weit verbreitet. Früheres Zentrum der Herstellung der Plättli war Granada. (Leider schaffen wir es wohl nicht mehr in diese Stadt, die uns so wärmstens empfohlen wurde.) Zum Teil handelt es sich wirklich um aufwendige Gemälde – meist hellblau auf weissem Grund –, die man oft an historischen Gebäuden findet. Darauf dargestellt sind historische Szenen wie Feldzüge respektive Kriegsszenen. Aber auch oft landwirtschaftliche Motive. An Wohnhäusern finden sich meist geometrisch gemusterte Plättli in starken Farben, was eine freundliche Note in die Städte bringt und Gemütlichkeit verströmt.
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b2ap3_thumbnail_Photo-20141026225840_20141026-225915_1.jpgUnd zu Punkt 3. Die Baubrachen geben den Städten einen sehr melancholischen Touch – der traurige Glanz einer grossen Vergangenheit. Und sind erschreckend häufig anzutreffen. Für Schweizerische Verhältnisse ist es kaum vorstellbar, dass in den Haupteinkaufsstrassen ganze Häuser leer stehen – und das auch in den beiden Grossstädten Porto und Lisboa. Hier in Santarèm stehen wunderschöne Gebäude brach, verharren in einer Art Dornröschenschlaf, rotten vor sich hin und warten fast darauf, dass jemand sie vor dem Einfallen bewahrt, dass jemand sie umnützen würde. Wir haben schon etliche "Kleiderfabriken", potenzielle Lofts, und vergangene und künftige Theater gesehen. Mit einem vernünftigen Schweizer Einkommen liessen sich hier kulturelle Träume verwirklichen, diverse "Royals" auf die Beine stellen – ohne Güter für den alltäglichen Bedarf mit langen Öffnungszeiten anzubieten. Wobei . . . genau das macht ja so ein Betrieb wie das "Royal" auch.
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Morgen gehts back on the road. Das macht einen vierten Punkt nötig:
So wie schon den französischen und den spanischen möchten wir auch den portugiesischen Autofahrern ein Kränzchen winden. Entgegen vielen Kommentaren von Freunden und aus Reiseberichten im Internet gehen nämlich auch sie sehr rücksichtsvoll mit uns um, und wir fühlen uns wohl auf hiesigen Strassen. Seit zwei Monaten gibts in Portugal sogar ein Gesetz, dass Velofahrer nebeneinander fahren dürfen und die Autos halt warten müssen, bis es Platz hat zum Überholen. Nix mit Weghupen und so.
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Kommentare 1

Gäste - Nik am Montag, 27. Oktober 2014 18:03

Chönnt mer das Gsetz, dass 2 Velo näbenand fahre döfed, ned als Quasi Bilatteralis zuvorkomme automatisch is Schwizer Rächt übernäh?

tön jetzt chli Kompliziert, aber das esch be Gsetz so üblich

Gruess
Nik

Chönnt mer das Gsetz, dass 2 Velo näbenand fahre döfed, ned als Quasi Bilatteralis zuvorkomme automatisch is Schwizer Rächt übernäh? tön jetzt chli Kompliziert, aber das esch be Gsetz so üblich :) Gruess Nik
Samstag, 13. September 2025

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